Schwarzer Engel

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Originaltitel: Obsession Alternativtitel: Deja Vu
Darsteller: Cliff Robertson (Michael Courtland), Geneviève Bujold (Elizabeth Courtland/Sandra Portinari), John Lithgow (Robert Lasalle), Sylvia Kuumba Williams (Haushälterin), Wanda Blackman (Amy Courtland), J. Patrick McNamara (dritter Kidnapper), Stanley J. Reyes (Inspektor Brie), Nick Kreiger (Farber), Stocker Fontelieu (Dr. Ellman), Don Hood (Ferguson), Andrea Esterhazy (D’ Annunzio), Thomas Carr, Tom Felleghy, Nella Simoncini Barbieri (Mrs. Portinari), John Creamer, Regis Cordic, Loraine Despres, Clyde Ventura, Fain M. Cogrove, Warren Kenner, Robert Harper (uncredited)
Produktionsfirma: Columbia Pictures
Produktion: Harry N. Blum, George Litto
Regie: Brian De Palma
Drehbuch: Paul Schrader Idee: Brian De Palma, Paul Schrader
Kamera: Vilmos Zsigmond
Musik: Bernard Herrmann
Schnitt: Paul Hirsch
Spezialeffekte: Joe Lombardi
Verleih: Twentieth Century Fox
Erstaufführung: 1.8.1976; ARTE 16.9.2002; KABEL 1 21.09.2003 Anolis Entertainment 15.4.2004 USA 1976
93:56 Minuten (+ Zusatzmaterial: Trailer deutsch 1:30, englisch 1:44; Dokumentation „Obsession revisited“ 35:52; Bildergalerie 1:44), 24 Kapitel
Widescreen 2,35:1
Deutsch Dolby Digital 2.0, Englisch Dolby Digital 5.1; Untertitel: deutsch
Ländercode: 2 DVD-9 4 Seiten Booklet FSK 16


Inhalt:
Das Leben des wohlhabenden Geschäftsmanns Michael Courtland verläuft sehr harmonisch, bis seine Frau und seine Tochter entführt werden. Durch die fehlerhaften Methoden der eingeschalteten Polizei kommt es zu einer Verfolgungsjagd, bei welcher die Entführer und die Geiseln zusammen mit dem Fluchtwagen in Rauch aufgehen. Seine ohnmächtige Trauer bringt er unter anderem durch ein Denkmal zu Ausdruck, welches der Kirche nachempfunden ist, in welcher er seine Frau kennen gelernt hat. In eben dieser Kirche in Florenz trifft Courtland über fünfzehn Jahre später eine junge Frau, die seiner Frau zum verwechseln ähnlich sieht. Als die beiden sich näher kommen, erkennt der Geschäftsmann immer mehr Züge seiner verstorbenen Frau, und seine Zuneigung gipfelt in ungesunder Obsession…

Meinung:
Die Entstehungsgeschichte des Films war zwar keine ganz so starke Achterbahnfahrt, wie die Geschichte selbst, doch als geradlinig kann sie keinesfalls bezeichnet werden. Brian De Palmas Idee zu Deja Vu, so der Titel während der Entstehungsphase, gewann plastische Formen, als er sich mit Paul Schrader, der sich unter anderem für das Drehbuch von Taxi Driver verantwortlich zeichnete, zusammen bei Musso & Frank’s zu Abend aß. Beide hatten vor kurzem zusammen Alfred Hitchcocks Vertigo – Aus dem Reich der Toten im LA Country Museum gesehen, und ihnen gefiel die Grundidee sehr, und so war schnell ein entsprechendes Szenario entwickelt. Nach dem Gespräch schrieb De Palma einen etwa fünfseitigen Entwurf, nach dessen Vorgaben Schrader das Drehbuch schrieb. Nach Fertigstellung wurden schließlich Überlegungen zum Titel angestellt, denn beide waren der Meinung, niemand würde die Bedeutung verstehen, und manch einer sogar einen französischen Film vermuten. Obsession wurde schlussendlich gewählt, was ja auf einen anderen Aspekt der Handlung ebenfalls äußerst gut passt – im Gegensatz zum deutschen Pendant. George Litto, mit dem der damals noch unbekannte De Palma bereits zusammenarbeitete, konnte er mit dem Drehbuch sofort davon überzeugen, den Film mit einer Viertelmillion zu finanzieren, wofür er mit seinem gesamten Hab und Gut bürgte. Doch schlussendlich konnten noch weitere Sponsoren gewonnen werden, sodass nicht mit einem – bereits für damalige Verhältnisse – Low Budget gearbeitet werden musste. Auf der Suche nach Schauspielern half diese Tatsache nicht wirklich, denn niemand dieser Zunft schien wirkliches Interesse an dem Script zu haben. Einer der wenigen, die sich meldeten, war Cliff Robertson (Spider Man), der für die Rolle der Hauptfigur geradezu ideal war, da ein Darsteller mit klassischer Ausstrahlung vorgesehen war. Zunächst scheint sein Spiel etwas hölzern, doch nach und nach wird im Film klar, dass dies als Teil der Rolle angelegt war, und sehr gut funktioniert. Im Laufe des Films löst sich diese Härte und die schwankt fortan zwischen der ohnmächtigen Verzweiflung mit enormen Schuldgefühlen und absoluter Euphorie bei der scheinbaren Wiedererlangung der damaligen Liebe. Ebenso beeindruckend ist das Spiel von Geneviève Bujold (Coma), die zunächst in der Rolle der Ehefrau zu sehen ist, welche auf tragische Weise ums Leben kommt. Zur Höchstform läuft sie allerdings in der Rolle der italienischen Restauratorin auf, die sich plötzlich als körperlicher und geistiger Ersatz ihrer „Vorgängerin“ wieder findet. Die aus dieser erschütternden Situation resultierenden Gefühle sind dabei äußerst plastisch umgesetzt, ohne aufgesetzt zu wirken. Die Inszenierung das damals noch unbekannten De Palma, dem erst mit seiner darauf folgenden Verfilmung des Stephen King Stoffes Carrie der große Durchbruch gelang, bietet eine enorm dichte Atmosphäre. Das zeigt bereits die einleitende Szene, in welcher die eine große Rolle spielende Kirche in einer Weise mit dem stets berauschenden Score arrangiert wird, die an wegweisende Stimmungsmomente in Der Exorzist erinnert. Der Spannungsbogen wird häufig geschickt durch langsame Kamerafahrten und 360 Grad Schwenks von Vilmos Zsigmond erzeugt, die zudem noch das Geschehen aus einem ganz anderen Blickwinkel zeigen. Das volle Bildformat wird ausgenutzt, um den Zuschauer in das Geschehen hineinzuversetzen, und die Aufmerksamkeit zu steigern. Auch der, mittlerweile schon häufig verwandte, Kameraschwenk, der in einer Einstellung mehrere Jahre überbrückt, wird geschickt eingesetzt. Als weiteres Stilmittel werden eine ständig vorherrschende, gewünschte, Unschärfe und dunkle oder trübe Hintergründe gewählt, die nicht nur dem Hauptziel der Handlung dienen, sondern auch ein gewisses Alptraumhaftes Gefühl hinterlassen. Doch selbst ohne dieses Stilmittel würde sicherlich den meisten Zuschauern nicht das häufige Vortäuschen von Örtlichkeiten auffallen. Beispielsweise durfte im Innenraum der verwendeten Kirche nicht gedreht werden, da kurz zuvor eine Pornoproduktion vorgegeben hatte, einen regulären Film zu machen, um innerhalb einer Kapelle pikante Szenen realisieren zu können. Solcherlei wurde aus Obsession komplett herausgelassen, obwohl eigentlich eine Bettszene vorgesehen war – angesichts der möglicherweise schockierten Zuschauer wurden diese, wie auch ein paar andere Einstellungen weggelassen. Auch das Ende wurde um einige längere Szenen gekürzt, was Paul Schrader gar nicht so recht war, doch der Erfolg sollte De Palma Recht geben.

Ausstattung:
Die Bildqualität ist erstaunlich gut, und es sind nur wenige analoge Fehler im Master auszumachen, die den Sehgenuss trüben könnten. Die Farben sind ansprechend natürlich ausgefallen, und nur der Weißbereich schein an mancher Stelle ein wenig überzeichnet. Aufgrund der stilistischen Unschärfe kann nur wenig zu den Verhältnissen bei Kontrast und Schärfe gesagt werden, doch insgesamt sieht das Ergebnis gut aus.
Der deutsche Ton ist dumpf und dröhnt gerade bei lauteren Passagen und teils auch bei dem wunderschönen Score etwas störend. Bei der Originalspur kommt hingegen wahre Freude auf, denn der 5.1 Mix wirkt nicht nur sauber aufgeräumt, sondern bietet auch annähernd räumliche Momente. Hier kommt auch die Filmmusik sehr gut zur Geltung, wenn auch der Lautstärkeregler aufgrund der deutlich niedrigeren Abmischung stärker aufgedreht werden muss.
Neben dem qualitativ nicht berauschenden anamorphen deutschen Trailer und der demgegenüber zwar im Letterboxed Format vorliegenden, allerdings deutlich besseren englischen Variante ist vor Dokumentation „Obsession revisited“ für die Zuschauer vor großem Interesse. Fast alle Beteiligten kommen zu Wort und verraten etliche essentielle Informationen zum Film und den Machern – allerdings auch zur Handlung, weshalb die Dokumentation auf jeden Fall nach dem Genuss des Films gesehen werden sollte, um nicht die Überraschung im Vornherein zu nehmen. Abschließend gibt es noch eine Bildergalerie, die zwar ganz nett ist, aber viel zu schnell abgespult wird.

Fazit:
Berauschendes, packendes und schockierendes Kleinod – zu Unrecht nur ein Geheimtipp !!!

© Heiko Henning
27.4.2004


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.e-m-s.de/dvd.php?name=115499 (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 27.03.2024, 15:56 Uhr
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