Ivar Leon Menger
Der Prinzessin

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Lauscherlounge
http://www.lauscherlounge.de/
http://www.derprinzessin.de/
Sprecher: Katja Brügger (Erzählerin), Franz-Josef Steffens (Dekan), David Nathan (Fremder), Wolfgang Kaven (Prinzessin), Patrick Bach (Fabian), Marco Kröger (Polizist), Jan-David Rönfeldt (Timo), Thomas Karallus (Zahnarzt Schneider), Kristina Pauls (Heike), Jens Wawrczeck (Hausmeister Wolfgang Helm), Ursula Sieg (Frau Schuster)
Produktionsfirma: Safariton, Lauscherlounge
Produktion: Ivar Leon Menger, Jan-David Rönfeldt
Regie: Ivar Leon Menger, Jan-David Rönfeldt
Dialogbuch: Ivar Leon Menger
Musik: Ivar Leon Menger & Jan-David Rönfeldt; Episode: „Der Hausmeister“: Coach „Cream Soda Girl“ (Album: „Package Deal“, Label: Doghouse Records); Episode: „Der Zahnarzt“: Axel Beinecke Jazz Trio „Alone together“ (Album: „Let‘s be true“, Edition Collage, EC 469-2, GLM Music Munich, 1994), St. Pauli Jazz Kapelle „Marocco Backflash“, „High Spirits“, Olaf Casimir’s Bass Instinct „I still get kicks (from champagne)“, „Ruby, my dear“, Alfredo Corsini „Bin nur ein Johnny“
Cover: Ivar Leon Menger
ISBN-13: 9783785734605
CD 11.2006
74:34 Minuten 17 Tracks


Inhalt:
In einer Kirche findet sich spät am Abend noch ein geheimnisvoller Mann im Beichtstuhl ein, wo ihm der Dekan die Absolution erteilen soll… Fabian wartet in der Dunkelheit in einer verlassenen Waldgegend auf den Bus, doch statt dem Gefährt taucht nur ein alter Mann im Tüllkleidchen mit einem goldenen Krönchen auf dem Kopf auf. Nicht nur, dass er mit imaginären Wesen spricht, die über seine Walkman Kopfhörer mit ihm Kommunizieren – er belästigt auch noch Fabian damit. Der skurrile alte Mann erzählt ihm eine ebensolche Geschichte, deren tieferer Sinn zunächst verborgen bleibt… Timo erscheint in der leeren Zahnarztpraxis von Dr. Rip, doch statt ihm trifft er auf seine Vertretung Dr. Schneider, der ihn mit blutiger Schürze empfängt. Den sprichwörtlichen Zahn, dass es nur eine Routineuntersuchung wäre, zieht ihm der Mediziner gleich zu Anfang. Da Timo Angst vor Spritzen hat, verabreicht er ihm vor dem Bohren eine Ladung Lachgas, welches jedoch eine ganz andere Wirkung als erwartet hat… Heike versucht sich gerade in ihrer neuen Wohnung einzurichten, als das Telefon klingelt, doch statt des befürchteten Stalker Anrufs ist eine Freundin dran. Kurz darauf erscheint der Hausmeister um ihr ein neues Schloss einzubauen, wovon ihr die Vermieterin Frau Schneider jedoch nichts gesagt hatte. Nach dem Austausch verhält sich der vermeintliche Hausmeister auf einmal sehr seltsam und Heike muss erkennen, wen sie da in ihr Heim gelassen hat… Der seltsame Mann will einen Mord beichten und droht dem Dekan sich selbst zu erschießen, wenn dieser ihm nicht die Absolution erteilt – doch der Geistliche weiss noch nicht, wer das Opfer ist…

Meinung:
Im Jahre 2003 wurde die Lauscherlounge von Oliver Rohrbeck (Justus Jonas – Die Drei ???) direkt im Anschluss an die Live Tournee von Die drei ??? – Master of Chess gegründet, da der Synchronsprecher den direkten Kontakt mit den Hörern nicht mehr missen wollte. Dabei tritt der bekannte Sprecher jedoch nicht in der Rolle auf, die man von ihm kennt, sondern hält sich als Macher dezent im Hintergrund. Die Lauscherlounge ist nicht nur Veranstalter von Live Hörspielerlebnissen – die sich von klassischer Lesung bis hin zu aufwendig inszenierten Events erstrecken – sondern auch Label. Der Prinzessin ist die erste gemeinsame Produktion mit Safariton.de, und auch hoffentlich nicht die letzte, wenn man sich das Resultat ansieht. Ivar Leon Menger dürfte manchem Hörer durch das recht experimentelle, aber nichtsdestotrotz interessante Versatzhörspiel Hotel Luxury End aus der mittlerweile eingestellten Reihe Die Dr3i bekannt sein, für welches er das Buch verfasst hat. Außerdem schreibt er aktuell für die neue Serie der Lauscherlounge: Dodo. Menger liefert mit Der Prinzessin vier Kurzgeschichten – eine davon die titelgebende – ab, die allesamt nichts für schwache Nerven und Kinder sind. Das ist durchaus ernst zu nehmen, da selbst erwachsenen Hörern das eine oder andere mal das Grausen oder ein Schauer durchfährt. Was andere so plakativ auf ihre Werke raufstempeln trifft hier wirklich zu – der reale Schrecken blickt hinter jeder Ecke hervor. Dies geschieht jedoch auf recht dezente und zu keiner Zeit effekterhaschende Weise. Leise schleicht sich das Grauen an, und auch wenn an wenigen Stellen die Story vorhersehbar ist, schlägt es gnadenlos zu. Auf explizite blutige Effekte, Gewalt und Action wird verzichtet – stattdessen entsteht der Horror ganz klassisch und effektvoll alleine schon durch die ruhigen Stimmen im Kopf des Rezipienten. Der Einstieg mit dem an Anfang und Ende gelegten Zweiteiler Der Fremde ist noch recht unverfänglich gehalten, ein wenig schaurige Atmosphäre, aber das kennt man ja. Der leider kurz nach der Aufnahme verstorbene Franz-Josef Steffens (unter anderem Synchronstimme von Anthony Quinn und etliche Auftritte bei Die drei ???) dem dieses Hörspiel auch gewidmet ist, erfüllt die Szene mit beachtlicher Plastizität. Ihm zur Seite steht David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale und Kevin Bacon) – ebenfalls äußerst solide Arbeit, die vergessen lässt, dass es sich um ein Hörspiel handelt. Der Prinzessin ist ebenfalls als Psychospiel zwischen zwei Charakteren angelegt, wobei Wolfgang Kaven (Schauspieler und TKKG Sprecher) und Patrick Bach (Die Dr3i, Schauspieler: Silas, Jack Holborn) sich auf ganz anderer Ebene bekriegen und dabei ein eindrucksvolles und überraschendes Schauspiel abliefern – vor allem Kaven leistet erstaunliches um der skurrilen Figur glaubhaft Leben einzuhauchen. Die Thematik ist sicherlich ein Tabu, doch auch dieses sollte angesprochen werden, um nicht unter den Tisch gekehrt zu werden. Menger begeht dabei nicht den Fehler das Thema auszuschlachten oder unsensibel anzupacken – allzu phantasievolle Geister sollten sich jedoch nicht zu sehr auf die Geschichte einlassen um nicht vor den Kopf gestoßen zu werden. Der Zahnarzt spielt ganz offen mit den Urängsten von vielen Menschen – der Dentistophobie. Jan-David Rönfeldt (vielseitiger Synchron- und Hörspielsprecher) setzt sich mehr oder minder mutig dem unbeliebtesten Arzt aus. Thomas Karallus (Die drei ???, Synchronsprecher von Doug Heffernan unter anderem in King of Queens) kann den Mad Scientist leider nicht bis ins letzte Quäntchen überzeugend verkörpern, liefert aber dennoch eine gute Show ab. Der Hausmeister treibt das Psychospiel mit dem klassischen Stalker Motiv auf die Spitze. Kristina Pauls (Schauspielerin) zeigt sich als verängstigtes „Küken“ nicht in jeder Sekunde emotionssicher, was insgesamt jedoch die Plastizität der Folge nicht stört. Jens Wawrczeck (Die drei ???, Theater-Schauspieler) schafft es derweil erstaunlich gut, gegen sein Image als Peter Shaw anzuspielen und dem Verrückten, dem alles zuzutrauen ist, ein Gesicht zu geben. Als Abschluss macht der zweite Teil von Der Fremde den Sack zu und geht konsequent der Frage von „Schuld und Sühne“ nach. Was neben den herausragenden Stimmen sofort auffällt, ist die berauschend vielseitige Geräuschkulisse, die bis ins Kleinste durchdacht ist und stets neue Facetten erkennen lassen. Gerade durch die äußerst real klingenden Geräusche entsteht teils ein Zusammenzucken oder schmerzverzerrter Blick seitens des Hörers. Die musikalische Untermalung ist, bis auf wenige Ausnahmen, treffend ausgewählt, wobei überrascht, dass es sich um mehr oder minder bekannte hiesige Bands handelt. Der Prinzessin erhielt übrigens den Hörspielpreis in der Kategorie Kritiker-Preis für Bestes Einzelhörspiel Erwachsene 2006.

Ausstattung:
Das schlicht gehaltene Cover lässt nicht wirklich erahnen, was Ivar Leon Menger da zusammengezaubert hat. Lediglich der Zusatz „Thriller-Hörspiel“ und die beiden Sätze „Vier Geschichten über das Leben. Und das Überleben!“ lassen aufhorchen. Das Digipack ist sehr schön gestaltet und macht einen wertigen Eindruck. Mit nahezu 75 Minuten ist die CD randvoll – die 17 Tracks sind vorbildlich gesetzt und machen das Springen zu den einzelnen Geschichten zu einem Leichten. Insgesamt also eine vorbildliche Produktion an der es sich zu messen gilt.

Fazit:
Fesselndes Hörspiel für Hörer mit starken Nerven – schwer zu empfehlen !!!

© Heiko Henning
17.6.2008


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.derprinzessin.de/ (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 14.04.2024, 14:42 Uhr
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