Devil, R.

Hellbastards

Kein Verlag

Rainer Tiefel

Siegfriedstraße    35

90461  Nürnberg

Paperback    1991

Auflage: 1000 Exemplare

435 Seiten   2980

 

Das deutsche Autoren keinerlei Möglichkeit haben, ihre Werke in einem deutschen Verlag veröffentlichen zu können, ist bekannt. R. Devil hat hieraus eine Tugend gemacht und läßt seine Bücher selbst drucken. Dafür kann er sich jedoch vollends ausleben, was die Gewaltdarstellung und den Blutgehalt seiner Geschichten angeht, weil ihm ja keiner diesbezügliche Vorschriften machen kann. Das Titelbild beispielsweise, mit dem angenagten Dämonen, der aus einer Erdspalte heraus nach dem Leser zu greifen scheint, würde ein Verlag wohl so nicht bringen. Der Nachteil ist jedoch ganz klar der hohe Preis, der mittelmäßige Druck mit schräger Schnittkante, sowie das schlechte Layout mit fettgedruckter Schrift und typographisch falschen Anführungszeichen. Durch die fehlende Lektorierung sind natürlich auch recht viele Rechtschreib‑ und Tippfehler enthalten.

Zwei Dämonen sind der Meinung, daß in letzter Zeit irgendwie zuviel abgeht und wollen mit der Hilfe eines dritten mal wieder so richtig auf der Erde "herummetzeln". Die Party‑Gemeindschaft von Jane, Jodie, Jack, John, Jake und Jeff kommt ihnen da gerade gerecht. Einer von den drei Dämonen inkarniert in einem Menschen und beginnt nacheinander alle auf das derbste ihres Lebens zu berauben. Dabei ist keine Tötungsart zu ausgefallen. Nach und nach wird die Anzahl der Mitwirkenden bis auf zwei reduziert. Der einzige Überlebende mit Namen Jack hat nicht nur einen Dämonen, der seit einer langen Zeit in einem Tümpel vor sich vegetiert hat, in sich – die beiden werden auch noch von einem der Dämonen (Jeff), die das ganze angezettelt haben, verfolgt, da dieser in dem "Tümpel‑Dämon" seinen langjährigen Feind erkannt hat. Die Jagd verlagert sich in die Hölle, in der Jack auf viele sehr skurrile Zeitgenossen trifft. Mit einigen tut er sich zusammen und sie alle brechen auf zur "verseuchten Zone" auf, um dort ihr Glück zu suchen. Jack, weil er und der Dämon in ihm eine tödliche Krankheit loswerden wollen und der Rest, weil sie auf der Suche nach einem der ihren sind. Durch eine Beschwörung bei einem Wunderheiler und Erfinder gerät jedoch das Ganze ein wenig durcheinander und die Hölle bricht über die Erde herein. Überall ist auf einmal die Höllenbrut vertreten und versucht ein Stück von der Menschheit in die Klauen zu bekommen. Jeder wird mit den dämonischen Mächten konfrontiert und keiner kann ihnen entfliehen.

R. Devil kreiert hier seine eigene faszinierende Brut von Dämonen in einer faszinierend Art von Hölle, die völlig anders ist, als die sonst bekannten Bilder dieser Daseinsebene. Die Namen und das Aussehen sind sehr vielseitig und der Autor läßt seiner ausschweifenden Phantasie freien Lauf – wovon sich der Leser immer und immer wieder beeindruckt zeigen muß. Seine menschlichen Akteure hingegen entsprechen dem typischen Klischee der heutigen Jugend, die sich nur von Alkohol und Drogen ernährt, herumhurt und Schwachsinn von sich gibt. Diese Ausschlachtung des Klischees stört auch ein wenig bei den sonst sehr fortschrittlichen Ansichten, die mitgeteilt werden. Diese Stereotypen werden zudem selten so stark übertrieben, daß man sagen könnte, es wäre schon eine Satire. Das Einzige, was hier ins Satirische geht, sind die Namen der Darsteller, die alle mit "J" anfangen, was jedoch leicht zu Verwechslungen führt, vor denen sogar der Autor nicht gefeit ist. Ähnliche Verwirrung stiften die Traumsequenzen, die der Autor scheinbar dazu genutzt hat, diverse Einfälle, die nicht in das Konzept paßten, einzubauen. Man kann nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden – jedoch nicht, weil es so gut, sondern weil es so chaotisch verfaßt ist. Szenen, die zudem noch einige bekannte Vorbilder haben, wirken außerdem aufgesetzt. Der Eindruck der innerlichen Prüderie verstärkt sich doch, wenn man liest, wie prüde mit Sex umgegangen wird. Diese Eindrücke verfliegen jedoch innerhalb der fortlaufenden Geschichte, da sich der Autor hier scheinbar "warmschreibt". Der dritte und letzte Teil des Buches ist der härteste in dieser Beziehung, denn hier läßt R. Devil alle Hüllen fallen und beschreibt – größtenteils ohne Klischees – die derbsten Gewalttaten , die teils mit exzessivem Sex durchzogen sind. Die Schreibweise vollführt einen Seiltanz zwischen laienhaftem Erzählen und dem professionellen Erzählen von Autoren wie King oder Herbert. Solche Satzfetzen wie "als wenn einer seinen Dünnschiß in die Kloschüssel spritzt" gehören dabei jedoch zur Seltenheit – ebenso wie das direkte "unterhalten" mit dem Leser, das dann doch nach ein paar mal witzlos wirkt und nur die Spannung unterbricht, da einem vor Augen geführt wird, das es ja nur ein Buch ist, das man da liest. Was jedoch häufiger stört ist der Dialekt, den der Schreiber in den Text einfließen läßt, doch selbst an den gewöhnt man sich relativ schnell. Ein kleines Manko ist die Tatsache, das wenig Vorausschau betrieben wird und nur ein paar krampfhafte Verbindungen zwischen den einzelnen Erzählebenen gezogen werden, und der Plot ansonsten relativ ungestört flüssig vor sich herläuft. Das Ganze wird dann ab und an mal durch ein paar lustige Passagen und Gags aufgelockert, wobei die Grenze zum Klamauk natürlich teils weit überschritten wird. Andererseits kommt stellenweise richtiggehend Spannung auf, so daß man sich von der Handlung gefesselt und genötigt sieht, weite zu lesen. Das Finale kann dann letzten Endes nicht sonderlich begeistern, da das Unausweichliche keinerlei Höhepunkt, sondern lediglich einen altbekannten Plot bietet.

Prädikat:           Ein sehr ambitioniertes Projekt mit klaren Schwächen – jedoch etwas essentielles für Freunde der härteren Underground‑Literatur !!!

© Heiko Henning

2.6.1995