Die Folterkammer des Hexenjägers

Originaltitel: The Haunted Palace   Alternativtitel: Edgar Allan Poe's The Haunted Palace; The Haunted Village; The Case of Charles Dexter Ward; Der Fall des Dexter Ward; Die Folterkammer; Das Schloss des Grauens

Darsteller: Vincent Price (Charles Dexter Ward/Joseph Curwen), Debra Paget (Ann Ward), Frank Maxwell (Ian Willet/Dr. Willet), Lon Chaney Jr. (Simon Orne), Leo Gordon (Edgar Weeden/Ezra Weeden), Elisha Cook Jr. (Gideon Smith/Micah Smith), John Dierkes (Benjamin West/Mr. West), Cathie Merchant (Hester Tillinghast), Milton Parsons (Jabez Hutchinson), Bruno VeSota (Bruno, der Barkeeper), Darlene Lucht (Opfer), Guy Wilkerson (Gideon Leach/Mr. Leach), I. Stanford Jolley (Carmody, der Kutscher), Barboura Morris (Mrs. Weeden), Harry Ellerbe (Minister)

Produktionsfirma: AIP

Produktion: Roger Corman

Regie: Roger Corman

Drehbuch: Charles Beaumont, Francis Ford Coppola (Dialoge)   Vorlage: Howard Phillips Lovecraft mit der Geschichte The Case of Charles Dexter Ward

Kamera: Floyd Crosby

Musik: Ronald Stein

Schnitt: Ronald Sinclair

Verleih: e-m-s

Erstaufführung: 1964   e-m-s 7.8.2003 (Edgar Allen Poe Box 22.1.2004)   USA 1963

83:32 Minuten (+ Zusatzmaterial: Originaltrailer 2:10; Deutsche Video-Titelsequenz 2:34; Deutsche TV-Titelsequenz 2:23; Auszug aus dem Buch „Die Kontinuität des Bösen“ 11 Seiten; Bildergalerie 2:25; Biographien/Filmographien: Vincent Price 15 Seiten, Lon Chaney Jr. 8 Seiten, Debra Paget 6 Seiten, Roger Corman 8 Seiten; Weitere DVDs 2 Seiten)   16 Kapitel

Widescreen 2,35:1 anamorph

Deutsch Dolby Digital 2.0 (Mono), Englisch Dolby Digital 2.0 (Mono); Untertitel: ---

Ländercode: 2   DVD-9   FSK 16

Joseph Curwen wird 1756 in der kleinen Stadt Arkham ohnehin schon durch seine fragwürdigen Tätigkeiten als Sonderling angesehen. Doch als immer wieder Frauen zu nachtschlafender Zeit verschwinden, um dann im Morgengrauen völlig apathisch wieder aufzutauchen, gibt es einen Akt von Selbstjustiz, bei dem Curven von den Städtern an einen Baum gefesselt verbrannt wird. Hundertzehn Jahre später zieht es seinen Nachfahren Charles Dexter Ward zusammen mit seiner Frau Ann zu dem Haus, welches er von Curwen geerbt hat. Von den Bewohnern Arkhams – aufgrund ihrer Furcht, mit ihm könne Curwen zurückgekehrt sein – alles andere als freundlich empfangen, steht der Entschluss des Ehepaares, das Anwesen zu verkaufen und die unwirtliche Gegend wieder zu verlassen, fest. Doch bereits nach der ersten Nacht scheint Ward wie ausgewechselt – als wäre er nicht mehr Herr seiner Sinne...

Der am 5.4.1926 in Detroit geborene Roger William Corman ist vor allem durch seine erfolgreiche Umsetzung bei B-Pictures bekannt geworden. Mit deutlich weniger Mitteln, als sie bei großen Produktionen zur Verfügung stehen, schafft er es durch sein Können und das richtige Gefühl für Atmosphäre, dass die Mängel schlechter Effekte oder Masken in den Hintergrund treten. Als er mit der Regie bei The House of Usher (Die Verfluchten) – der 1960 veröffentlich wurde – begann, konnte sich Corman sicher noch nicht ausmalen, welchen Erfolg die Edgar Allan Poe Verfilmungen haben würden. Es folgten 1961 The Pit and the Pendulum (Das Pendel des Todes) und 1962 Premature Burial (Lebendig begraben), die beide ebenfalls sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangten. Folgerichtig war es für die Geldgeber bei AIP selbstverständlich, dass auch The Haunted Palace innerhalb ihrer Edgar Allan Poe Reihe erscheint, auch wenn er nur rudimentär etwas mit dem Autor und dessen Text zu tun hat. Vielmehr haben sich der Corman und der Drehbuchschreiber Charles Beaumont bei der Geschichte The Case of Charles Dexter Ward von Howard Phillips Lovecraft bedient. Aus Der Fall Charles Dexter Ward, welcher in der Zeit zwischen Januar und März des Jahres 1927 entstand, wurden allerdings auch nur die Grundthemen übernommen. Die Namen der Hauptprotagonisten, wie auch deren außergewöhnliche Beziehung zueinander, die weit über das familiäre hinausgeht, haben hier ihren Ursprung. Allerdings spielt sich das Ganze bei Lovecraft in Salem und seinem Heimatstädtchen Providence, Rhode Island, ab, während es im Film in die ebenfalls sehr häufig vom Autor verwendete verfluchte Stadt Arkham ist. Auf der anderen Seite gibt es Anspielungen auf das Necronomicon und die großen Alten, die mit Genreüblichen Zutaten wie dem Erbfluch einer kleinen Stadt und dem nach wahnsinnigem Fortschritt trachtende Wissenschaftler versetzt werden. Trotzdem wirkt die Geschichte in sich stimmig und wirkt keinesfalls respektlos gegenüber dem Original, auch wenn eigentlich nur die Grundzüge dieser und anderer Geschichten des Meisters übernommen wurden. Die Handlung wurde recht gradlinig angelegt, so dass es keine wirklichen Überraschungen gibt, worauf es bei diesem Film allerdings auch nicht ankommt. Viel wichtiger sind die schaurige Atmosphäre und die plastisch gespielten Figuren, wobei es natürlich vor allem Vincent Price ist, der mit seiner Darstellung den Film zu Pflichtprogramm werden lässt. Der am 27.5.1911 geborene Vincent Leonard Price Jr. zeigt vor allem bei dem Wechsel des Charakters zwischen Ward und Curwen Glanzleistungen, die an große Theateraufführungen erinnern. Alleine mit wenig Minenspiel vermag er es, dem Zuschauer nicht nur die „Verwandlung“ zu vermitteln, sondern auch noch teils einen Schauer über dessen Rücken zu jagen. Ursprünglich sollten ihm Ray Milland (Lebendig begraben), Hazel Court (The Course of Frankenstein) und kein geringerer als Boris Karloff in der Rolle als Curwens Diener Orne zur Seite stehen. Doch zu Anfang der Dreharbeiten standen diese nicht zur Verfügung, und so musste Corman umdisponieren. Die als Debralee Griffin am 19.8.1933 geborene Debra Paget stellt – in ihrem letzten Film – als fürsorgliche Frau einen gut gespielten Konterpart zur männlichen Hauptrolle dar. Frank Maxwell bleibt hingegen mit der Rolle des hiesigen Priesters etwas blass und kann nicht an das Potential seiner Figur herankommen. Ganz anders natürlich Lon Chaney Jr., der wieder einmal gegen den Ruf seines Vaters, des großen Stummfilmstars Lon Chaney gegenanspielt. 10.2.1906 als Chreighton Tull Chaney geboren, schaffte er es nie, aus dem Schatten des Vorfahren herauszutreten, was ihm bis zu seinem Tode zu schaffen machte. In seiner Rolle als Diener des größenwahnsinnigen Curven zeigt er allerdings, dass er zu größerem bestimmt gewesen wäre, wozu ihm leider anscheinend niemand verhalf. Der Hintergrund, vor dem sich alles abspielt, besteht zu jeder Zeit aus Studiokulissen, was allerdings ein ganz eigenes Flair verbreitet, zumal auf diese Weise recht authentische Häuser Verwendung fanden. Gerade bei Außenaufnahmen ist es mehr als offensichtlich, da hinter die Studiogebäude auch noch Matte Paintings gesetzt wurden, um unter anderem den gespenstischen Palast vom Dorf aus zu zeigen, was aufgrund des eingeschränkten Budgets jedoch nicht verwunderlich ist. Ähnlich unwirklich erscheint der ständig präsente und zum Schneiden dicke Nebel – doch gerade aus diesem Unwirklichen bezieht der Film auch einen großen Teil seines Reizes. Was lediglich im ersten Moment störend auffällt, sind die offensichtlich simplen Masken, die zusammen mit dem dazu einsetzendem Score eine akzeptable Wirkung erzielen. Überhaupt bietet die musikalische Untermalung einen weiteren düsteren Aspekt, der die Bild adäquat zu unterstützen weiß. Mit der angenehm zurückhaltenden, aber immer treffsicher eingesetzten Kameraführung und der gewählten Farbgebung runden den ästhetischen Gesamteindruck ab. Alles in allem ist der Vergleich zu englischen Hammer Produktionen sicherlich nicht unzutreffend, da jeweils mit etwas gearbeitet wurde, was heutzutage selten ist: Stil. Was sich das damalige deutsche Studio beim hiesigen Titel gedacht hat, bleibt allerdings rätselhaft, da es nicht annähernd eine Folterkammer und überhaupt keinen Hexenjäger im Film gibt.

Ähnlich der Veröffentlichung in der Midnite Movies Reihe vom MGM löst auch die hiesige Veröffentlichung aus dem Hause e-m-s wahre Begeisterungsstürme aus. Das Bild, selbst bei den völlig von Nebel durchzogenen Szenen beeindruckend scharf und es gibt auch beim Bildrauschen keine auffälligen Momente. Selbst Defekte und Verunreinigungen gibt es fast überhaupt keine zu sehen, was bei einem mittlerweile vierzig Jahre alten Film an ein Wunder grenzt. Das Master von MGM wurde offensichtlich äußerst liebevoll restauriert und in digitale Form gebracht, was auch e-m-s zugute gekommen ist, die das Ganze auch adäquat auf die Disc gebracht haben. Der Ton wurde ebenfalls sauber umgesetzt, und störendes Rauschen oder Verzerrungen trüben nicht den Gesamteindruck. Natürlich darf man von einer Monospur nicht wirklich viel erwarten, doch sie wurde auf beide vordere Kanäle gelegt, und macht zumindest hier einen guten Eindruck. Zum Glück wurde auch nicht mit einem Upmix der Versuch unternommen, dem Ganzen eine Räumlichkeit zu verleihen, die einfach beim Dreh nicht da war. Das Zusatzmaterial bietet einen Originaltrailer in sehr schlechter Qualität, von dem e-m-s leider erst eine sauber abgetastete Version bekam, als die DVD bereits in Produktion war. Interessant zu sehen ist der Unterschied zwischen der deutschen Video-Titelsequenz und der TV-Titelsequenz gegenüber dem auf der DVD verwendeten Original – im Vergleich zeigt sich wieder einmal, wie sorglos die damaligen Verantwortlichen mit fremdem Gedankengut umgingen. Ebenfalls anregend ist der Auszug aus dem Buch „Die Kontinuität des Bösen“ von Robert Zion, den manch einer vielleicht aus dem BUIO OMEGA Fanclub kennt. In der Bildergalerie gibt es etliche Aushangfotos zu sehen, was den Fans dieses Bildmaterials sicherlich die Augen übergehen lässt. Die üblichen Biographien/Filmographien vermitteln einen Überblick zum Schaffen von Vincent Price, Lon Chaney Jr., Debra Paget und Roger Corman – bei Vincent Price wurden allerdings versehentlich bei der dritten Seite versehentlich Daten von seiner Kollegin Debra Paget eingesetzt. Zur Abrundung des Ganzen bekommt der Zuschauer noch kurz die beiden anderen Filme der Poe Reihe vorgestellt: Im Todesgriff der roten Maske und Lebendig begraben. Leider ist nicht das „A Change of Poe“ Interview mit Roger Corman enthalten, welches auf der englischsprachigen DVD drauf war.

Neben der Einzelveröffentlichung gibt es aus dem Hause e-m-s auch noch eine Box in der neben Die Folterkammer des Hexenjägers auch noch Im Todesgriff der roten Maske und Lebendig begraben beinhaltet. Für den Sammler ist hierbei nicht nur die wunderschön gestaltete Box, sondern auch das beigelegte Booklet äußerst lohnenswert. Alleine schon der – leider gekürzte – Bericht über „Das Leben und Werk Edgar Allen Poes von Michael Wischniewski“ bietet dem Käufer einen guten Überblick über das Leben des in jeder Hinsicht phantastischen Autoren. Als Dank für den Nachdruck dieses Textes folgt dann eine Vorstellung des vielseitigen Magazins Mephisto, welches somit wieder einmal positiv von sich reden macht. Der ebenfalls unter anderem aus diesen schriftstellerischen Kreisen bekannte Thomas Wagner erläutert die Hintergründe, wie der Regisseur Roger Corman zum Drehen von Edgar Allen Poe Vorlagen gekommen ist, was sich interessant liest, jedoch ebenfalls zusammengekürzt wirkt. Gefolgt wird das Ganze von Eigen- und auch Fremdwerbung, was auf den ersten Blick etwas störend wirkt. Optisch wurden zwar ein paar satztechnische Fehler übersehen und der Schriftsatz ist nicht berauschend, doch dafür gibt es wunderschön arrangierte Hintergründe als Entschädigung.

Prädikat:       Ein Pflichtkauf für jeden Freund von Corman, Lovecraft, Poe und schauriger Unterhaltung – in erstklassiger DVD Qualität !!!

© Heiko Henning

22.12.2003